Eine Stadt von oben:
Das Betrachten einer Stadt aus einer anderen Perspektive offenbart abstrakten Formen und Muster in auffallend ungewöhnlichen Bildern. Fotograf Robert Götzfried erläutert, wie er in seiner Heimatstadt München Aufnahmen von oben für seine „Blick nach unten auf Städte“ Serie gemacht hat und er spricht über seine Techniken für innovative Straßenfotografie.
„Wohin ich auch gehe, meine Kamera ist immer dabei. Mein Leben und meine Bilder waren schon immer miteinander verbunden. Als ich im Januar 2011 nach Bangkok reiste, hatte ich zwei Dinge im Kopf. Zuerst wollte ich meine Freundin fragen, ob sie mich heiraten will und dann wollte ich eine Fotoserie aufnehmen.
Ich habe an vielen Orten Bilder gemacht – es ist meine zweite Natur, die Szenen um mich herum festzuhalten. Und speziell solche, die mir sehr viel bedeuten oder einen wichtigen Punkt in meinem Leben markieren.
Als ich dann über das visuelle Konzept meiner „Blick nach unten auf Städte“ Serie nachgedacht habe, wählte ich natürlich die Stadt, die mir am meisten bedeutet: München.“
Meine Heimatstadt aus einer anderen Perspektive erfassen
„München ist die drittgrößte Stadt in Deutschland und aus einer Vielzahl von Gründen bekannt: Darunter Fußball, Oktoberfest und Weißwürste. Es ist auch die Stadt, die ich gerne als meine Heimat bezeichne – ich wollte schon immer „meine Stadt“ auf meine Weise erfassen.
Ich fragte mich, ob das Ergebnis dieser Serie in beträchtlichem Maß von meiner Bangkok Serie abweichen würde. Immerhin habe ich mich in den letzten vier Jahren stark verändert – als Folge dieser Reise bin ich jetzt verheiratet! Aber es war sofort klar, dass für eine herausragende Serie etwas ganz anderes dabei heraus kommen sollte, als es die Straßenfotografie normalerweise hervorbringt.
Das bedeutete: keine Porträts, keine Gesichter. Es musste Straßenfotografie 2.0 sein: Ich wollte Emotionen ausblenden und mich stattdessen auf die Anwesenheit von Menschen in deren aktuellem Umfeld konzentrieren.“
Linien, Farben und Muster
„Meine Arbeit ist in der Regel sehr graphisch orientiert – gerade Linien, Muster. Ich fotografiere gerne Szenen und Objekte mit klarer Ordnung – ich denke, das ist ein zusätzlicher Nebeneffekt eines Grafikdesigners gegenüber einem Fotografen.
Ich denke immer in Rastern, Formen, Linien, Mustern und Farben – ich gestalte Bilder, nehme sie nicht einfach auf. Die Vogelperspektive erschien mir schon immer aus meiner Sicht des Fotografen strategisch wichtig, weil sie mir „das große Bild“ aus einer speziellen Position heraus vermittelt.“
„Es fühlt sich an, als hätte ich tatsächlich die Macht, die Szene so anzupassen, wie ich es haben will. Leider ist es jedoch nicht so einfach – es bedeutet viel Wartezeit bei der Aufnahme auf Personen, die sich an der richtigen Position im Bild befinden.
Am wichtigsten ist, dass ich mich nicht auf die Menschen an sich konzentriere – sie stellen nur Formen im Bild dar. Es liegt dann beim Betrachter, seine oder ihre eigene Geschichte über das, was „da unten“ passiert, zu erfinden.“
Gegensätzliche Geschichten
„In vielerlei Hinsicht unterschied sich das Ergebnis meiner Münchener Geschichte gegenüber Bangkok – ich habe das Gefühl, dass es an den kleinen Details liegt, die das stärker reflektieren als die eher offensichtlichen Unterschiede.
Die Menschen in den Bildern sind unterschiedlich gekleidet, essen anderes Essen, fahren verschiedene Fahrzeuge.
Wo Sie in Bangkok eher eine Straße mit einem Lebensmittel-Markt finden, haben Sie in München vermutlich einen Fußgänger mit Hund. Ich sah viele Menschen mit Hunden in München – in Bangkok sind die einzigen Hunde, die man sieht, streunende Straßenhunde.
Eine andere Sache, die ich beim Vergleich der beiden Städte bemerkte, waren die unterschiedlichen Arten von Mustern auf den Straßen aufgrund unterschiedlicher Kopfsteinpflaster und Materialien. Es sind diese kleinen Dinge, anhand der sich die Städte unterscheiden – und in der Kombination gibt es jeder Geschichte ein anderes Aussehen und Gefühl.“
„Für mich war es eine tolle Erfahrung, dieses Konzept in meiner Heimatstadt anzuwenden. In den letzten 12 Jahren habe ich eine Menge Bilder für „meine Stadt“ geschossen und kann ehrlich sagen, dass es mich überrascht hat, wie anders und frisch das Ergebnis auf mich bei den Aufnahmen für die Serie „Ein Blick auf München“ gewirkt hat.
Ich habe mich überwiegend am ähnlichen Konzept für meine Bangkok Serie orientiert und deshalb belebte Locations an Bahnhöfen oder andere typische Treffpunkte aufgesucht. Dies sind die Orte, wo alle Arten von Menschen zusammenkommen und in den großen Städten, wo das Autofahren aufgrund des starken Verkehrs sehr stressig ist, sind diese Orte die Dreh- und Angelpunkte des täglichen Lebens. Es gibt keine Gruppe von Menschen, die Sie dort nicht finden können – Bankmanager, Reisende, Spaziergänger mit Hund, städtische Arbeiter…“
„Ich versuche, eine visuelle Welt parallel zu meiner eigenen Welt zu erschaffen. Es liegt dann beim Betrachter, seine oder ihre eigene Geschichte über die Szenen und Objekte in meinen Bildern zu erzählen. Dies ist ein wiederkehrendes Thema in meiner Arbeit – es den anderen zu überlassen, sich ihre eigenen Geschichten auszudenken. Und ich bin mir sicher, dass sie das tun.“
Das Beste aus der Ausrüstung herausholen
„Natürlich brauche ich eine großartige und zuverlässige Ausrüstung, um sicherzustellen, dass ich nie die Gelegenheit für die perfekte Aufnahme verpasse. Ich schoss diese Serie mit meiner Canon EOS 6D und meinem Canon EF 24-105 1:4 L IS USM. Dieses Objektiv ist leicht, verfügt über einen sehr flexiblen Zoombereich und sorgt für eine hervorragende Bildqualität.
Die EOS 6D ermöglicht mir die Wahl sehr hoher ISO-Werte und liefert dann trotzdem noch erstklassige Bilder. Ich machte alle Aufnahmen aus freier Hand ohne Stativ oder sonstige Hilfsmittel. Dann war es nur noch eine Frage der Zeit und der Geduld.“
Teilen Sie Ihre Bilder aus der Vogelperspektive
Jetzt haben Sie Roberts einzigartige Straßenfotografie von München gesehen – warum sollten Sie nicht einfach mal versuchen, in diesem Monat Ihre eigenen Bilder von Städten von oben zu machen?
Schauen Sie gerade nach unten von einer Brücke oder einem Balkon – ein alltäglicher Ort wirkt dann sehr fremd und ungewohnt. Oder Sie konzentrieren sich auf Formen, Farben und Texturen, die eine Straßenszene von oben interessant machen.
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